Wie Kommunikationsverhalten die Unternehmenskultur prägt — Stil als Symbol
Alle speziellen Kommunikationsziele eines Unternehmens bedürfen der Einbettung in dessen Grundsätze. Erst auf der Basis gemeinsam akzeptierter Werte können die vielfältigen Formen der Darstellung und des Auftretens, intern wie in der Öffentlichkeit, entwickelt werden.
Die Gestaltung der Unternehmenskultur beginnt z.B. schon dort, wenn man ein Rundschreiben abfasst und sich überlegt, wie man die Mitarbeiter ansprechen soll, und sie endet letztlich bei einer genauen Untersuchung der Sprache aller Schriftformen, die im Unternehmen im Gebrauch sind. Dabei geht es nicht nur um stilkritische Fragen, d. h. insbesondere um die Tilgung aller Restbestände der sogenannten Behörden- oder Verwaltungssprache. Sennett (1985) verweist in diesem Zusammenhang darauf, dass im Schriftverkehr von Organisationen sehr häufig Formen des Passivs ("Es wurde beschlossen ...") verwendet werden, die die jeweilige Verantwortlichkeit verschleiern. "Es sind Texte ohne Verfasser, denn sie haben keine sichtbare Quelle und betreffen die Organisation als ganze."
Gesucht wird vielmehr eine Ausdrucksform, die auf Verstehen abzielt. Sie sollte klar, deutlich und offen sein. Dazu gehört auch, dass kritische Aspekte eingeräumt und nicht durch flotte oder bürokratische Formulierungen übertüncht werden. Der Leser muss den Eindruck gewinnen können, dass hier jemand zum ihm spricht, der bei der Abfassung des Schriftstücks an ihn als Leser gedacht hat. Gerade auf diesem einfach erscheinendem Gebiet werden oft die gravierendsten und folgenreichsten Fehler gemacht. So sind z.B. die meisten Traueranzeigen phrasenhaft und darum nichtssagend. Selten verspürt man den Eindruck, dass von Seiten des Unternehmens Anstrengungen unternommen wurde, die Individualität des Verstorbenen und die Trauer über seinen Tod auf eine unverwechselbare und glaubhafte Weise zum Ausdruck zu bringen.
In gleicher Weise sollte die Gestaltung der mündlichen Kommunikation überdacht werden. Innerbetriebliche Kommunikation wird immer mehr zu einer reinen Schriftkommunikation. Gespräche werden schriftlich vor- und nachbereitet. Das Protokoll wird letztlich wichtiger als das eigentliche kommunikative Geschehen. Dieser Entwicklung sollte das Modell einer papierlosen (informellen) Kommunikation gegenüber gestellt werden. Dieses Modell zeichnet sich vor allem durch ein Merkmal aus: Es betont, wie bei einem mündlich geschlossenen Vertrag, den Verbindlichkeitscharakter des gesprochenen Wortes.
Wenn im Unternehmen ein offenes Meinungsklima herrscht, dann entfallen viele der traditionellen Kommunikationsaufgaben. Wenn sich der Einzelne darauf verlassen kann, dass Offenheit ein Wert ist, der im Unternehmen geschätzt wird, dann braucht er keine Angst davor zu haben, Kritik zu äußern. Ebenso ist es auf der Basis gegenseitigen Vertrauens auch keine Schande, Kritik entgegennehmen zu müssen.
Verständigung wird sich zukünftig wohl weniger durch ein Mehr an Kommunikation, als vielmehr durch andere Arten von Kommunikation erreichen lassen. Gesucht werden Kommunikationsformen, die den Rezipienten nicht noch immer stärker bedrängen, sondern ihm die Freiheit der Entscheidung lassen. So wird sich Vertrauen nur dort einstellen können, wo Unternehmen auf anschauliche und exemplarische Weise ihre Vertrauenswürdigkeit unter Beweis stellen. Bei der Wiedergewinnung von Reputation — als einer der zentralen Aufgaben der Kommunikationsgesellschaft — werden symbolische Ausdrucksformen einen immer größeren Stellenwert gewinnen.
Symbole aktivieren Gefühlsqualitäten, die bei rein rationalen Verständigungsweisen immer zu kurz kommen; sie erleichtern die Kommunikation, weil in ihnen komprimiert komplexe Erfahrungsbereiche zum Ausdruck kommen. Sie helfen das zu kommunizieren, was durch Worte oft nicht erfasst werden kann. Wer sich um die Gestaltung symbolischer Ausdrucksformen bemüht, darf natürlich keineswegs vernachlässigen, wie diese vom Rezipienten verstanden und gedeutet werden. Jedes konstruktive Vorhaben in diesem Bereich setzt das Wissen über die Struktur, Funktion und Wirkung von Symbolen voraus.
Wenn man über symbolische Verständigung spricht, müssen zwei Bereiche unterschieden werden:
Schriftzeichen, Bilder, Verkehrszeichen sind Symbole, die fast ausschließlich eine Bezeichnungsfunktion haben. Sie verweisen auf Orte, Gegenstände, Personen, etc. (Pfeile, Dreiecke, Kreise auf einer Fernbedienung verweisen auf die Tasten, mit denen Funktionen wie Helligkeit, Farbe, Lautstärke etc. ansteuert werden können./Die schematische Darstellung von Mann und Frau verweist in Gaststätten auf den Ort, wo man die Toilette finden kann.). Außer ihrer reinen Bezeichnungsfunktion haben diese Symbole keine weitere Bedeutung.
Neben den Symbolen, die etwas bezeichnen, gibt es Symbole, die etwas zum Ausdruck bringen. Die symbolische Funktion tritt fast immer im Zusammenhang mit der buchstäblichen Funktion auf. Kleidung ist z. B. zunächst das, was sie ist (sie bekleidet), kann aber darüber hinaus die Position in einem gesellschaftlichem Gefüge zum Ausdruck bringen. Durch einen bestimmten Kleidungsstil kann eine Person signalisieren, dass sie sich zu einer bestimmten sozialen Gruppe zählt, gleichzeitig grenzt sie sich dadurch von anderen Gruppen ab. Symbole dieser Art unterscheiden und identifizieren zugleich. Ein Gruß ist zunächst Zeichen einer Bekanntschaft, kann aber durch die Weise, wie er vollzogen wird (flüchtig, humorvoll, aufwendig, unterwürfig etc.) die Einstellung eines Menschen zu einem anderen zum Ausdruck bringen. Eine Türbeschriftung in einem Büro bezeichnet zunächst die Person, die sich in einem Raum aufhält, kann aber auch dadurch, inwieweit z.B. Hinweise auf die hierarchische Ordnung enthalten sind ("Zugang nur durch das Sekretariat"), etwas über den Charakter der kommunikativen Beziehung in einer Organisation zum Ausdruck bringen.
Wer als Besucher der Hauptverwaltung von Vorwerk & Co. in Wuppertal betritt und den Aufzug benutzt, findet im Aufzuginneren — sorgfältig arrangiert und hochwertig gestaltet — Sprüche, Zitate, Redensarten wie beispielsweise: "Qualität beginnt mit Qual", "Ein Mensch, der keine Dummheiten nach, macht auch nichts Gescheites", "Der Mensch ist Mittelpunkt. Der Mensch ist Mittel Punkt." Der Besucher empfängt also schon zu diesem frühen Zeitpunkt Signale, die er deutet und für sich ein einem Sinnzusammenhang einordnet.
Das Kommunikationsangebot wird zugleich als Basis genutzt, um Hypothesen über das Unternehmen und die hinter dem Angebot stehenden Motive zu entwickeln. Das bedeutet, dass die Sprüche und Zitate zugleich über sich hinausweisen und einen symbolischen Mehrwert entfalten, indem sie Rückschlüsse auf den gewollten "Geist des Hauses" ermöglichen. Die Spruchsammlung in den Aufzügen ist sichtbarer Ausdruck einer bestimmten Unternehmensidentität. Auf jeden Fall wird sie so empfunden, und dies ist entscheidend. Was wollen die Sprüche ausdrucken? Mit Sicherheit eine Art Offenheit und Lockerheit im Umgang miteinander.
Eine weitere Folge ist, dass der Besucher nach der erheiternden Lektüre der Sprüche und Zitate nicht mehr im Stande der kommunikativen Unschuld ist. Er ist nun vorgeprägt durch seinen ersten Eindruck. Und diese Prägung beeinflusst mit Sicherheit sein Verhalten in den folgenden Gesprächen. Oft werden sie sogar als Gesprächseinleitung benutzt. Viele Besucher fragen auch, ob sie die Sprüche nicht gedruckter Form haben können. Mit großer Wahrscheinlichkeit wird "das erste Erlebnis" im Hause Vorwerk von vielen weitererzählt.
Einen Kommunikationsprozess, der auf die eben skizzierte Weise funktioniert, kann man als symbolische Verständigung bezeichnen.
Die Verwendung von Symbolen am Arbeitsplatz ist eine Gegenbewegung zu der verbreiteten Meinung, dass Gefühle im Geschäftsleben nichts zu suchen haben. Wir schämen uns, besonders im Berufsleben, Gefühle zu zeigen. Wir vermeiden enge emotionale Bindungen, um uns die Chance für eine noch günstigere Beziehungswahl offen zu halten. Die Zurückdrängung der Gefühle kann aber auf Dauer nur nachteilige Folgen haben. Darüber hinaus kann jedoch im beruflichen Alltag die Kooperation zwischen verschiedenen Menschen nur dann erfolgreich sein, wenn auch auf der Ebene der Gefühle Verständigung gesucht wird. Für ein Unternehmen sind dabei besonders jene Symbole bedeutsam, die mit seiner Geschichte im Zusammenhang stehen. Wer diese Symbole (Rituale, Mythen, Geschichten) am Leben erhält, erleichtert die Verständigung zwischen den Menschen ungemein.
In vielen Unternehmensgrundsätzen ist Offenheit eine zentrale Wertvorstellung. Offenheit ist kommunizierbar und muss kommuniziert werden, wenn sie glaubhaft sein soll. Dies kann auf verschiedene Weise vor sich gehen. Ein Irrtum ist es aber zu glauben, dies geschehe allein schon dadurch, dass man behauptet, offen zu sein. Eines der äußerlichen und offen sichtbaren Zeichen, ja schlechthin ein Symbol für Offenheit im Umgang miteinander sind z.B. gläserne Bürotüren. In einigen Verwaltungsgebäuden fehlen heute die Türfüllungen und sind durch Glas ersetzt worden., so dass jeder im Vorbeigehen jeden sehen kann. So kommt oft ein sehr schneller, direkter Kontakt zustande und die vielen kleinen alltäglichen Dinge, die man sich mitteilen möchte, passieren unkompliziert und direkt. Man sieht, wenn jemand keine Zeit hat, dann lässt man ihn arbeiten. Hat man aber den Eindruck, er oder sie ist ansprechbar, geht man hinein, fragt, wie es geht, ob die Kinder gesund sind und erwähnt am Rande mit, dass man in dieser oder jener Sache dies und das getan hätte. Man fragt, wie er es beurteilt und wie er sich verhalten würde.
Offene Türen führen eben nicht dazu, dass man sich verbarrikadiert, sondern lädt ein zur Offenheit, zum Miteinandersprechen. Und dies eben ganz beiläufig — quasi im Vorübergehen. Gläserne Türen sind ein Beispiel dafür, wie Artefakte einen starken symbolischen Ausdrucksgehalt bekommen können und dadurch kommunikative Prozesse maßgeblich beeinflussen.
Ein ganz wesentlicher kulturprägender Charakterzug ist die Fest- und Verabschiedungskultur. Wie man mit Menschen umgeht, die nach vielen Jahren verdienstvoller Tätigkeit im Unternehmen in den Ruhestand treten. Mit welcher Herzlichkeit, mit welchem Aufwand sie von wem und in welchem Kreis und wie verabschiedet werden. Welche Beziehungen man zu den Jubilaren pflegt, wie man generell feiert, in welcher Fröhlichkeit, in welcher Atmosphäre. Dafür ist in der Mitarbeiterschaft ein sehr großes Sensorium vorhanden. Das wird gemerkt.
Die Verantwortlichen übersehen oft, dass schon winzige Details ausreichen, ein eigentlich gut gemeintes Vorhaben in sein Gegenteil zu verkehren. Für den Betroffenen haben diese Veranstaltungen einen hohen Stellenwert. Er bekommt dort — für alle sichtbar — die Anerkennung für geleistete Arbeit, für Firmentreue oder für sein gesamtes Berufsleben. Auf vielen Veranstaltungen dieser Art empfinden die Beteiligten jedoch häufig ein unterschiedlich stark ausgeprägtes Gefühl von Peinlichkeit. Irgendetwas läuft schief. Der Geehrte fühlt sich unwohl und ist froh, wenn die Feier vorüber ist. Den Zuschauern geht es ebenso, obwohl sie nach außen hin freundliche Anteilsnahme zum Ausdruck bringen. Offensichtlich ist etwas schief gelaufen. Offensichtlich habe kleine — scheinbar unwesentliche — Details (z.B. die Ehrung findet unter Zeitdruck am Anfang oder Ende einer Veranstaltung mit anderer Zielrichtung statt; dem Vorstandsmitglied fällt der Name des zu Ehrenden für einen Moment nicht ein; wichtige Repräsentanten des Unternehmens haben kurzfristig abgesagt; etc) eine so starke symbolische Ausdruckskraft, dass sie den Erfolg einer ganzen Veranstaltung zunichte machen können.
Eine ähnliche Diskrepanz wird sichtbar, wenn z.B. der Chef seinem Mitarbeiter mit großem Aufwand eine Gehaltserhöhung ankündigt, aber dann augenzwinkernd hinzufügt: "Verjubeln Sie aber nicht alles sofort wieder!" Die humorvoll gemeinte Äußerung kann das ganze Ereignis für den Mitarbeiter in ein schiefes Licht rücken, denn er wir sie unter Umständen symbolisch verstehen ("Vielleicht war es nur ein Scherz, vielleicht hält er mich aber auch für leichtsinnig."). Das Beispiel unterstreicht, dass die Beachtung der Wirkungen nonverbaler Kommunikation von größter Bedeutung sind.
Eine hohe formelle Unternehmenskultur ist Kennzeichen einer nicht ausgeprägten Unternehmenskultur. Sie ist defizitär.
In jeder Organisation, in dem jedem Unternehmen, wird stets das Verhalten des anderen gedeutet. Was hat er gesagt, was hat er nicht gesagt, was hat er getan, was hat er nicht getan? Im besonderen analysieren wir dieses Verhalten im Hinblick auf die eigene Person. So wird schon das Grußverhalten als Indikator dafür verwendet, wie der andere zu mir steht. Ein nur zufällig unterlassener Gruß kann für den Betroffenen einen ganzen Abgrund von Beziehungsproblemen entstehen lassen ("Der grüßt mich nicht mehr!" — "Bin ich jetzt raus?" etc.). Der Gruß ist ein Symbol für den Charakter zwischenmenschlicher Beziehungen.
Gefühlsinformationen werden schneller umgesetzt als lineare Informationen, lösen schnellere Reaktionen aus und eröffnen ein größeres Spektrum an Integrationsmöglichkeiten. Gefühle vermitteln sehr viel mehr Informationen als Worte. Gefühlskommunikation vermag über Symbole den Konsens zwischen unterschiedlichen Menschen zu vertiefen und so die Verständigung enorm zu beschleunigen.
Kommunikation darf sich schließlich nicht im Absenden einer Nachricht erschöpfen. Wichtiger ist die Überlegung, wie eine Nachricht beim Empfänger ankommt .Durch die Schaffung eines umfassenden "Symbolmilieus", das in unverwechselbarer Weise die Identität des Unternehmens zum Ausdruck bringt, kann ein Rahmen geschaffen werden, der einen wichtigen Beitrag zur Stabilisierung der Institution insgesamt leisten kann. Die Erzeugung eines ausdruckstarken Symbolmilieus ist ein langwieriger Prozess, der beiden durch Tradition überlieferten Elementen der Unternehmenskultur ansetzt und diese behutsam, aber kontinuierlich verändert. Wer Unternehmenskommunikation als Mittel zum Zweck betrachtet und versucht, Kulturmanipulation etwa zur kurzfristigen Produktivitätssteigerung zu betreiben, wird enttäuscht werden. Wertvorstellungen und Verhaltensweisen lassen sich zumeist nur indirekt und langfristig beeinflussen. Ein solcher kultureller Entwicklungs- und Lernprozess muss einem vorn der Mehrheit getragenen Leitfaden folgen.
Unternehmenskommunikation ist wesentlich an der Entwicklung der Unternehmenskultur beteiligt, weil sie das Medium darstellt, durch das verschiedene Personen oder Personengruppen zu einer gemeinsamen Lebens- und Handlungsorientierung finden. Sie sollte daher nicht einfach mit der Informationspolitik des Unternehmens gleichgesetzt werden. Neben den informationstechnischen sind daher auch die vielfältigen emotionalen und sozialen Aspekte von großer Bedeutung.
Wir wollen die wichtigsten Funktionen symbolischer Kommunikation zusammenfassen:
So ist zum Beispiel Lachen ein Ausdruck von Offenheit und Freude. Humor verstärkt das Zusammengehörigkeitsgefühl, kann aber dadurch auch gleichzeitig Mitglieder anderer Gruppen ausgrenzen. Wenn der Witz ironisch und der Humor sarkastisch wird, dann ist das ein ernstes Zeichen für die Verschlechterung des Betriebsklimas. Es kommt selten vor, dass die Frage des Lachens ein Bestandteil einer internen Mitarbeiterbefragung ist.
Einen ausgeprägten symbolischen Charakter haben die Kleidung, Gestik, Mimik und eine Fülle von Gesten. Durch die Interpretation dieser symbolischen Kommunikationsformen kann der einzelne erkennen, wie die anderen zu ihm stehen. Ob die Berufskleidung in einem Unternehmen einen uniformen Zuschnitt hat oder Raum für individuelle Vorlieben lässt, ob die Sitzordnung bei Führungskräftetagungen die Cliquenbildung unterstützt oder durch Losverfahren geregelt wird — all dies entscheidet in jedem einzelnen Fall darüber, wie sich die Kultur eines Unternehmens den Mitarbeitern präsentiert.
Noch ein weiterer Hinweis auf eine bewusste kommunikative Verhaltensweise: In einem mir bekannten Unternehmen werden bei allen Tagungen die Sitzplätze verlost. Es kommt dadurch nicht zu der beliebten Cliquenbildung — es setzen sich diejenigen Leute an einen Tisch, die sich sowieso schon gut kennen. Und die Tische sind immer rund! — auch wenn sie oft per Spedition angeliefert werden müssen. Es ist aber eben so, dass nur der "runde Tisch" keine Hierarchie kennt: Keiner sitzt davor und keiner sitzt an der Kopfseite. Das macht den Unterschied aus.
Einen starken Einfluss über die Grundsätze eines Unternehmens auf den Aufbau und die Inhalte von Werkszeitungen aus. Auf den ersten Blick sind viele Blätter bunter und offener geworden. Darin wird zunehmend über Ereignisse berichtet, die von ihrem reinen Nachrichtenwert nicht als bedeutsam erscheinen, denen aber ein hoher symbolischer Charakter zukommt. Das ist etwa dann der Fall, wenn eine Mitarbeiterzeitung die Sprüche, die in Büros und Fabrikhallen hängen, zum Thema einer Ausgabe macht und der Belegschaft damit angezeigt wird, dass ihre Signale beachtet und in einen bestimmten Umfang ernst genommen werden.
Wer wissen möchte, welche Stimmung im Unternehmen vorherrscht, muss wachen Auges durch den Betrieb gehen und darf die Zeichen an der Wand nicht übersehen. Zirkulierende Witze mit aggressiven und zynischen Pointen, dann steht es mit der betrieblichen Kommunikation nicht zum Besten. Die Urheber verschanzen sich in der Anonymität; schlechte Stimmung steckt an. Die Verantwortlichen sollten sich nicht selber mit dem Hinweis beruhigen, dass die Beschäftigten ihre Arbeit und ihren Status letztlich doch nach objektiven Faktoren beurteilen. Schlechte Stimmungen ist mehr als eine subjektive Entgleisung. Sie haben eine aufschlussreiche Entstehungsgeschichte und beeinflussen ganz erheblich den Denk- und Handlungsstil im Unternehmen.
Die Mitarbeiter verlangen heute zunehmen Einblick in unternehmerische Entscheidungen. Darum ist es wichtig, eine Unternehmenskultur zu leben, welche die Kommunikationsfähigkeit und Kommunikationsbereitschaft zu zentralen Wertgrundsätzen erhebt. Ein wichtiger Aspekt der Stimmungsforschung besteht in dem Nachweis, dass Stimmungen als Informationsquellen betrachtet und genutzt werden können.
Die Formen des Umgangs miteinander, die Art und Weise, wie man miteinander spricht, wie man Offenheit ausdrückt, wie man lacht, ob man sich betreten, schüchtern, hochachtungsvoll oder respektvoll begegnet — all dies sind äußere, aber für jeden in der Organisation leicht erkennbare Zeichen über den Zustand einer Unternehmenskultur oder eben einer Nichtunternehmenskultur.
Es kommt darauf an, dass man sich bewusst macht, dass alles, was man tut (Lob, Tadeln, Verabschieden, den Arbeitsplatz gestalten, Sitzungen organisieren, Veranstaltungen durchführen etc.) neben dem, was es buchstäblich bedeutet, immer auch einen symbolischen Charakter hat. Wichtiger als das, was man tun, ist häufiger, wie man es tut. Stil- und Verhaltensfragen werden deshalb in Zukunft eine immer größere Bedeutung für die Unternehmen gewinnen. Wichtiger als das, was man tut, ist häufig, wie man es tut. Erst wenn man für diese Dimension ein Gespür gewinnt, wenn man das Wie zum Gegenstand der Reflexion macht, kann man zu der Einsicht gelangen, das es auch alternative Verhaltensformen gibt.
Zum Schluss: Das Denken in Kommunikation erschöpft sich nicht im Absenden einer Nachricht. Wichtiger ist zu überlegen, was beim Empfänger stattfindet. "Es ist falsch, zu meinen, das der Mensch objektiv wahrnehme und erst hinterher subjektiv verarbeite", sagte Anfang dieses Jahrhunderts der berühmte Psychologe Alfred Adler. Und er präzisierte: "Der Mensch nimmt nur wahr, was ihm in den Kram passt, und baut es sofort, mit Hilfe seines Deutungsschemas, in sein bestehendes Weltbild ein."
© Manfred Piwinger